Der österreichischen Kletterin Barbara Zangerl gelang eine historische Flash-Begehung des Freerider am El Capitan im kalifornischen Yosemite-Nationalpark. Babsi ist die erste in der Geschichte, der es gelingt, eine Route am El Capitan beim ersten Versuch frei zu klettern, ohne einen einzigen Sturz – ein sauberer „Flash“.
Babsi Zangerl mit historischem Erfolg am El Cap
Die 1000 m lange und 34 Seillängen lange Big-Wall-Route wurde 1998 von den deutschen Brüdern Alexander und Thomas Huber erstmals frei geklettert. Freerider ist im Wesentlichen eine leichtere Variante der Salathe Wall, auf der linken Seite des El Capitan. Die Route erlangte 2017 weltweite Aufmerksamkeit, als der amerikanische Kletterer Alex Honnold eine waghalsige Free-Solo-Begehung der Route durchführte.
Mehrere Kletterer waren in der Vergangenheit nahe dran, Freerider zu flashen, darunter weltbekannte Athleten wie Yuji Hirayama, Leo Houlding und Pete Whittaker, die jedoch alle an einem oder mehreren Punkten bei ihren Versuchen scheiterten. Zangerl hat mit ihrer sturzfreien Begehung eine neue Marke im Big-Wall-Klettern gesetzt, während ihr Kletterpartner Jacopo Larcher mit nur einem Sturz an der Boulder-Schlüsselstelle dem Flash der Route sehr nahe kam. Babsis Besteigung weckt Erinnerungen an Lynn Hills bemerkenswerte Rotpunkt-Begehung an der „Nose“ im Jahr 1993, als zum ersten Mal in der Geschichte eine Frau den begehrten El Capitan bezwang, der so vielen männlichen Spitzenathleten verwehrt geblieben war.
Und hier der Kommentar von Babsi:
„Als erstes sollte ich sagen, dass ich wirklich großes Glück hatte!
Es waren kaum andere Kletterer mit auf der Route, die Wettervorhersage sah schlecht aus, aber am Ende hielt sie, die Bedingungen waren tatsächlich sehr gut, und als wir nach oben kletterten, schien alles einfach zu passen. Jacopo hatte wirklich Pech. Er war so kurz davor, die gesamte Route zu flashen! Er kletterte die Boulder-Problem Seillänge vor mir, sah aber den Untergriff nicht richtig und stürzte deshalb. Er hat die Seillänge dann im zweiten Durchgang schnell durchgezogen und ist nicht mehr gestürzt.
Dank Jacopo hatte ich mehr Informationen über die Crux und schaffte es irgendwie die Züge zu halten, obwohl ich immer noch nicht ganz weiß, wie ich es geschafft habe, dort nicht zu fallen. Wir hatten uns Freerider nicht bewusst für einen Flash-Versuch aufgespart, es hat sich einfach so ergeben. In der Vergangenheit haben wir Routen in der Mitte und an der rechten Wand des El Cap geklettert, aber nie eine der Routen auf der linken Seite, wie zum Beispiel Golden Gate, Salathé und Freerider, weil wir immer ein bisschen Angst vor der Monster-Offwidth Kletterei hatten. Wir haben so viele Horrorgeschichten darüber gehört, dass wir uns von diesem Teil der Wand ferngehalten haben.
Nach unserer freien Begehung von The Nose im Jahr 2019 schlug unser Freund und ehemaliger Black Diamond- Mitarbeiter Kolin Powick vor, dass wir versuchen sollten, Freerider zu flashen. Um ehrlich zu sein, haben wir nicht allzu viel darüber nachgedacht, weil uns die Idee einfach zu unmöglich erschien. Als Lara Neumeier und ich im November 2023 El Corazon kletterten, wählten wir den Muir Blast-Start und nicht den Freeblast-Start, um keine Seillänge zu klettern, die gleich mit der Freerider läuft. Ich kann also sagen, dass wir es zu diesem Zeitpunkt bereits als eine zukünftige Möglichkeit im Kopf hatten.
Dennoch schien die Idee eines erfolgreichen Flash unrealistisch zu sein. In dieser Saison wollten wir nur sehen, wie weit wir kommen würden. Vielleicht würden wir gar nicht so weit kommen. Das ist das Problem mit dem El Capitan: Selbst die Seillängen, die auf dem Papier leicht aussehen, sind niemals leicht! Eigentlich ist am El Cap nichts einfach!
Nachdem wir auf dieser Reise die Magic Line geklettert waren wurde uns beiden klar, dass wir, wenn wir eine Chance haben wollten, die Monster Offwidth zu klettern, speziell dafür trainieren müssten. Also verbrachten wir 4 Tage damit, nur Offwidths wie Generator Crack, Twilight Zone und andere zu klettern, bis wir anfingen, uns mit diesem Kletterstil etwas wohler zu fühlen.
Es war ein echter Kampf! Die ‚Monster Offwidth‘ Seillänge ist 60m lang und nach etwa 40 Metern bekam ich Krämpfe und mir ging die Luft aus! Ich dachte, ich würde stürzen, aber dann erinnerte ich mich daran, was Alex Honnold uns gesagt hatte: Wenn es hart auf hart kommt, sollte ich mich hinauslehnen, damit das linke Bein fest eingeklemmt ist und ich mich ein wenig ausruhen kann. Gott sei Dank hatten wir ihn ein paar Tage zuvor zufällig in einem Café getroffen und diesen Rat erhalten!
Am ersten Tag kletterten wir über die Freeblast-Platten an den Heart Ledges vorbei bis zur Seillänge unterhalb von Hollow Flake, wo wir unser erstes Biwak machten. Am zweiten Tag ging es weiter über die Monster Offwidth zum El Cap Spire, wo wir zwei weitere Seillängen kletterten, Seile befestigten und zum zweiten Biwak zum Spire zurückkehrten. Am dritten Tag kletterten wir die zwei Seillängen, die wir am Vortag geklettert hatten bis zum Round Table, kletterten und fixierten eine weitere Seillänge, bevor wir die dritte Nacht in der Wand verbrachten, und am vierten Tag kletterten wir diese eine Seillänge und die letzten drei Seillängen zum Gipfel.
Unsere Abmachung war, dass ich die Monster Offwidth Länge zuerst führen würde und Jacopo die Boulder-Seillänge. Nach der Boulder-Seillänge war ich nervös. Ich hatte nicht das Gefühl, dass alles vorbei war, ganz im Gegenteil. Der erste Abschnitt war schon anstrengend gewesen, und irgendwie waren wir jetzt auf dem Weg zum Gipfel. Aber über uns lag noch die berühmte Enduro Corner Länge, und die hatte es wirklich in sich. Und wir wussten aus Erfahrung, dass selbst die leichten Seillängen sehr anspruchsvoll sein können. Wir mussten wirklich den ganzen Weg zum Gipfel kämpfen!
Ich betrachte dies, wie alle anderen Begehungen die ich mit Jacopo unternommen habe, als eine erfolgreiche Teambegehung. Ohne ihn wäre nichts möglich gewesen und ich bin ihm unendlich dankbar, dass wir es geschafft haben. Obwohl wir keine der 30 Seillängen zuvor geklettert haben und viele von ihnen onsight gingen, wussten wir vor dem Aufbruch dennoch eine Menge über die Route. Wir kennen viele Kletterer, die die Route vor uns schon einmal geklettert sind, und so haben wir versucht, so viel wie möglich zu erfahren. Wir waren auch im Kino, um uns Free Solo anzusehen, als der Film herauskam. Es gibt also keine Möglichkeit, unsere Begehung als etwas zu bezeichnen, das einem Onsight nahe kommt.
Als wir auf dem Gipfel ankamen, fühlte es sich unwirklich an. Ich war glücklich für mich und gleichzeitig traurig für Jacopo. Beim onsight oder flash ist es eben so, man hat nur eine Chance, und bei einer 1000m hohen Wand kann sich das noch brutaler anfühlen. Aber Jacopo nahm es mit Fassung und seine unerschütterliche, 100-prozentige Unterstützung auf dem Weg zum Gipfel war grundlegend. Das ist ein echter Beweis für seinen Charakter, und wie ich schon sagte, kann ich ihm nicht genug danken. Es war sicherlich die größte mentale Herausforderung, der ich mich in meiner Kletterkarriere jemals gestellt habe.“