
Der italienische Kletterer Jacopo Larcher hat die Trad-Route „Bon Voyage“ (E12) in Annot, Frankreich erfolgreich wiederholt und damit die vierte Begehung der anspruchsvollen Linie erreicht.
Die Route wurde Anfang 2023 von James Pearson erstbegangen. „Bon Voyage“ teilt sich den Start mit Pearsons 2017er-Linie „Le Voyage“, bevor sie nach links in eine Reihe flacher, technisch anspruchsvoller Löcher führt und über eine filigrane Kante aussteigt. Pearson schlug dafür den Grad E12 vor – ein Vorschlag, der von den Wiederholern Adam Ondra und Seb Berthe im Frühjahr 2024 bestätigt wurde.
Larcher reiste zwischen 2023 und 2025 mehrfach nach Annot, bevor er im November erneut ansetzte und die Route schlussendlich klettern konnte.
Jacopo Larcher über sein Projekt „Bon Voyage“
Ich erinnere mich, wie James mir zum ersten Mal von Bon Voyage erzählte. Er arbeitete noch daran und zeigte mir Fotos von diesen perfekten Löchern, die sich vom klassischen Voyage weg verzweigen – kreative Beta, solide Sicherungen, aber große Stürze. Perfekt für hartes Trad-Climbing!
Im November ’23 fuhr ich mit meinem Hund Olli nach Annot. Schon beim ersten Einsteigen am Seil dachte ich: Was für eine Linie! Selten findet man so harte Moves, die trotzdem gut absicherbar sind.
Ich fühlte mich schnell wohl und konnte große Sequenzen verbinden, doch der berüchtigte Monofinger-Zug war mein Kryptonit. Mein kleiner Finger war zu schwach, ich verletzte mich sofort. Ich suchte eine alternative Methode – hautintensiv, unzuverlässig. Ohne konstanten Erfolg auf Toprope machte ein Lead-Versuch keinen Sinn, also pausierte ich. Ein weiterer Besuch im Frühjahr brachte kaum Fortschritt.
Dieses Jahr, nach Wintertraining, kam ich mit meinem Freund Nemuel Feuerle zurück. Zum ersten Mal fühlte sich der Monozug machbar an – sogar mit dem kleinen Finger. Die Motivation war groß, doch kurz vor Ende der Woche verletzte ich mir den Nacken. Ein Monat Pause, Kraftverlust im linken Arm – ziemlich beängstigend. Das Projekt lag erneut auf Eis.
Eigentlich war Yosemite geplant, doch nach Babsis Verletzung sagte ich ab. Bon Voyage kehrte in meinen Kopf zurück. Ich trainierte den kleinen Finger vorsichtig – und Mitte November stand ich wieder in Annot. Überraschenderweise gelang mir sofort der Monozug. Einige Tage später startete ich die ersten Leads.
Beim ersten Versuch war ich angespannt, unsicher. Ein Teil von mir hoffte auf ein Wunder „first go, best go“, der andere erwartete Angst. Ich kletterte schlecht und fiel – aber es löste etwas. Die Motivation kam zurück. Dieses Mal fühlte sich alles anders an. Mit Freunden am Start zu stehen statt allein zu projektieren – das gab mir Energie.
2025 war ein schwieriges Jahr. Viel Schönes, aber klettertechnisch zäh. Viel Druck, wenig Flow. Doch vor dem Trip spürte ich langsam, wie das Feuer zurückkam. Kein Druck, nur Freude am Klettern. Genau das fand ich wieder in Annot.
Ich kam immer näher – ohne Frust. Ich wollte einfach versuchen, klettern, genießen. Lustigerweise dachte ich anfangs: Wenn ich einmal den Mono halte, ist es gelaufen. Falsch gedacht – mindestens fünfmal fiel ich danach. Von „unmöglich“ zu „fast immer“, doch dann oben gescheitert.
Dank Mathieu Miquels Belay-Beta – Umlenken des Seils an einer Cam auf Brusthöhe – waren die Stürze an der Kante sicher. So konnten wir voll fokussiert klettern.
Am 29. November passte alles. Flow, Leichtigkeit, Fokus. Kein Kampf, sondern ein ruhiges Hinaufgleiten – ein perfekter Abschluss einer langen Reise.
Am Ende ist es nur Fels. Doch Bon Voyage hat mir viel beigebracht: Dranbleiben lohnt sich. Der Prozess zählt. Freunde teilen den Weg. Und ich habe nicht nur die Route, sondern auch meine Liebe zum Klettern wiedergefunden.
Was für ein Bon Voyage.






